ACTIV8
Die gängige Planungspraxis zur Steigerung des Rad- und Fußwegeanteils in der Alltagsmobilität der Bevölkerung stützt sich häufig auf Erfahrung, Intuition oder Ideologien. ‚ACTIV8!‘ und das Folgeprojekt ‚ACTIV8II‘ setzen genau hier ein: Der entwickelte Ansatz zeigt datenbasiert, welche Maßnahmen vor Ort gesetzt werden müssen, um strategische und verkehrspolitische Ziele zur aktiven Mobilität (mehr Rad- und Fußverkehr) effizient erreichen zu können.
Die Anwendung dieser stichhaltigen Methoden und Werkzeuge kann zu einer besseren Zielerreichung und einem effizienteren Einsatz von Ressourcen und öffentlichen Budgets in Ländern und Gemeinden beitragen. Mit dem ‚ACTIV8‘-Tool können die Wirkungen von Maßnahmen auf den Anteil aktiver Mobilität zukünftig erstmals quantifiziert werden, Planungsmaßnahmen werden daher aus Zahlen ablesbar.
Problemstellung in der Planung zur aktiven Mobilität
Derzeit werden Maßnahmen zur Förderung aktiver Mobilität in oft punktuell aus
Einzelinitiativen und Einzelplanungen planender Akteure heraus gesetzt. Unklare Wirkungszusammenhänge
zwischen der Bedeutung aktiver Mobilität und ihren jeweiligen Voraussetzungen
(Treiber und Barrieren) bedingen neben föderalen Unstimmigkeiten jedoch auch
Effizienzdefizite (Mitteleinsatz, Akzeptanz) in der Politik- und Maßnahmenformulierung
sowie in der Planungspraxis. Es fehlt ein systematischer Ansatz mit dem diese
Zusammenhänge flächendeckend und standardisiert analysiert werden können: Eine
stärker wissensbasierte Vorgangsweise bei der Planung für aktive Mobilität
(‚Maßgeschneiderte Lösungen anstatt starrer Patentrezepte‘). Angesichts der
ambitionierten verkehrspolitischen Ziele (‚Mobilitätswende‘, Dekarbonisierung des
Verkehrssystems etc.) und der aktuellen Situation (aktive Verkehrsanteile in den
meisten Gebieten sehr gering) verspricht die gezielte Förderung von Aktivverkehr
einen substantiellen Teil der Lösung.
Problem: Hierarchie aktiver Mobilitätsplanung
Die Planungskompetenzen für aktive Mobilitätsplanung sind in Österreich sehr dezentralisiert: Die Hauptkompetenz zur Errichtung von Infrastruktur für
FußgängerInnen und RadfahrerInnen liegt bei den 2100 Gemeinden Österreichs wohingegen überörtliche Akteure oft nur unverbindliche Rahmenkonzepte erarbeiten können. Eine heterogene Förderung aktiver Mobilität ist die Folge. So wird beispielsweise in manchen Gemeinden mit viel Potential für aktive Mobilität nur sehr wenig getan, andere Gemeinden investieren hingegen sehr viel, obwohl dies gar nicht sinnvoll ist.
Quelle: Raffler, 2016
Problem: Warum wirken Maßnahmen regional so unterschiedlich?
Es kann eine interessante Tatsache beobachtet werden: Lokale Verkehrspolitik und damit einhergehende Investitionen reflektieren nicht die tatsächliche Ausprägung des lokalen aktiven Verkehrsanteils.
Dies ist ein Hinweis darauf, dass nicht immer dort investiert wird wo es am sinnvollsten ist. Eine Erforschung der zugrundeliegenden Faktoren von aktiver Mobilität kann demnach zu gezielteren Investitionen führen.
Quelle: Hackl et al., 2017
ACTIV8! - Aktive Mobilität effizient fördern
Die vielfachen Probleme bei der Planung und Maßnahmensetzung zur Förderung der aktiven Mobilität
können nach Einschätzung des Projektkonsortiums nur mit einem umfassenden, systematischen Ansatz
der die Mindsets möglichst vieler Stakeholder berücksichtigt gelöst werden.
ACTIV8! stellt einen solchen Ansatz dar. Die ACTIV8!-Methodologie baut auf einen vierstufigen Ansatz,
der die Bearbeitung des Projektes nach den Einflusskategorien
Raum und Umwelt,
Infrastruktur sowie
Demographie, Sozioökonomie, politisches Engagement gliedert.
Unsere Wirkungsmodelle umfassen daher eine sehr große Menge empirischer Daten: neben ‚traditionellen‘ Einflussfaktoren wie Wetter, Topografie oder
Infrastrukturausstattung eben auch Variablen zur Abbildung von Werthaltungen der lokalen
Bevölkerung oder den Umsetzungswillen der lokalen politischen Akteure.
Nähere Informationen zu der Methodologie können den wissenschaftlichen Papers (s.
Abschnitt Wissenschaftliche Verbreitung) entnommen werden.
Methodische Struktur des ACTIV8! Projektes
Aufbauend auf einem Hypothesenpool wurden mögliche Einflüsse auf den Anteil aktiver Mobilität in numerische Variablen gefasst und zur Bildung von mathematisch-statistischen Modellen verwendet.
Diese Modelle schätzen die Einflussgröße und -richtung (positiver/negativer Einfluss) auf die Anteile aktiver Mobilität am Gesamtverkehrsaufkommen.
Als ergänzende Aktivität wurde eine Gemeindeumfrage zu politischem Engagement durchgeführt, um dessen Bedeutung für eine positive Entwicklung des Radverkehrsanteils mit zu berücksichtigen.
Konsortium
Das Projektkonsortium setzt sich aus vier Partnern zusammen. Unter dem Lead der tbw research GesmbH arbeiten der
Fachbereich Stadt- und Regionalentwicklung der TU Wien,
Research&Data Competence OG sowie HERRY Consult GmbH an der Konzeption und Umsetzung der Fuß- und Radverkehrsmodelle.
ACTIV8II - datenbasierte Werkzeuge zur Planungsunterstützung im Bereich aktiver Mobilität
In ‚ACTIV8II‘ werden Planungswerkzeuge auf Basis statistischer Wirkungsmodelle entwickelt, die in bestehende Planungs- und Entscheidungsfindungsprozesse integriert werden können und sollen. Die Modelle bilden den Zusammenhang zwischen dem Anteil des Fuß- bzw. Radverkehrs an der Gesamtmobilität und den jeweiligen lokalen Einflussfaktoren quantitativ ab.
Das 'ACTIV8' Tool
Im Forschungsprojekt ‚ACTIV8II‘ wird die Verbindung zur Planungspraxis vertieft bzw. aufgebaut: Es werden notwendige Weiterentwicklungen der Modelle durchgeführt, um die Anwendung auf alle Länder und Gemeinden Österreichs zu ermöglichen. Am Projektende soll das ‚ACTIV8‘-Tool mit dem Wissen aus der Planungspraxis entwickelt und getestet sein – durch die Einbindung potentieller Anwenderinnen und Anwender. Dazu werden zwei konkrete Maßnahmen in Oberösterreich und der Steiermark als Beispiel für den Test von Praxisnähe, Akzeptanz, Anwendbarkeit und Genauigkeit der Ergebnisse mit dem neuen Tool herangezogen.
Warum wird in einer Gemeinde mehr mit dem Rad gefahren / zu Fuß gegangen als in einer anderen?
Wichtige Einflussfaktoren sind z.B. die vorhandene Infrastruktur (Straßenbreiten, Straßennetz, ...), räumliche Strukturen (Hügeligkeit, Siedlungsstruktur, ...), das Klima (Schnee-/Frost-Tage, ...), Bevölkerungsstruktur (Altersverteilung, ...) und die politischen Ziele.
Wie profitieren Planerinnen und Planer von ‚ACTIV8‘?
Planerinnen und Planer können erstmals mit aussagekräftigen Zahlen zu den vorhandenen, lokalen Potentialen und ausgewählten Maßnahmen beraten werden – ergänzend zu bestehenden Methoden. Das geplante ‚ACTIV8‘-Tool ermöglicht darüber hinaus eine Simulation der Auswirkungen geplanter Maßnahmen in den relevanten Handlungsfeldern wie z.B. Infrastruktur, Bewusstseinsbildung oder Siedlungspolitik – bereits vor der Umsetzung.
Es werden daher die Länder und Gemeinden unterstützt,
- (1) erfolgversprechende Zielgebiete und Handlungsfelder zu identifizieren und
- (2) die zur Zielerreichung am besten geeigneten Einzelprojekte auszuwählen und zu priorisieren.
Konsortium
Um das ACTIV8 Tool in der Planungspraxis testen zu können, hat sich das Projektteam weiterentwickelt und mit dem Land Oberösterreich und dem Land Steiermark wichitge Demo-ParterInnen gewonnen. komobile wird mit seiner jahrelangen Praxiserfahrung in Planungsprozessen den Demo-Betrieb stützen.
Wissenschaftliche Verbreitung
Um die Tragweite der Ergebnisse der beiden Foschungsprojekte gut zu kommunizieren, wurde ein umfassender Disseminationsprozess gestartet.
Die Präsentationstätigkeit umfasste bisher sowohl Veranstaltungen der Planungspraxis im Bereich aktiver Mobilität als auch wissenschaftlich
orientierte Konferenzen um die Projektergebnisse möglichst breit präsentieren zu können. Die folgende Aufzählung listet die größten bisherigen
Disseminationsaktivitäten.
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